Eine Gesellschaft hilft & schützt sich gegenseitig

Kinder im Grundschulalter sind äußerst hilfsbereit. Wenn man ihnen erklärt, wie sie helfen können, tun sie das in der Regel äußerst bereitwillig, denn im Helfen können sie ihre eigenen, erworbenen Fähigkeiten spüren und verbinden damit Stolz und Prestige. Und so sollte es ja auch sein.

In sofern ist das Prinzip der Corona Warn App gut geeignet, den Kindern die Wirksamkeit gegenseitigen Schutzes in der Gesellschaft vor Augen zu führen. Wenn wir die Corona Warn App in den 3. und 4. Klassen ansprechen, ist es nicht wichtig, ob die Kinder selbst ein geeignetes Smartphone haben, es reicht völlig, dass sie jemanden kennen, der ein Smartphone besitzt, und das ist immer der Fall. Denn genau darin besteht ja der Schutz für alle, dass möglichst viele Menschen, die man kennt, ein Smartphone besitzen, die App herunterladen und richtig nutzen.

Die Kinder entwickeln tatsächlich ohne, dass wir dazu im Detail die App erklären müssen, allein aus der Information, dass Menschen, die bereit sind, andere zu schützen, die CoronaWarnApp dafür einsetzen, ein Gefühl des Prestiges. Oft überbieten sich die Kinder gegenseitig darin, wie viele Menschen sie in ihrem Umfeld kennen, die die CoronaWarnApp schon einsetzen auf ähnliche Weise, wie sie mit dem großen Auto von Papa angeben... Das ist ein Effekt, den wir eigentlich nicht beabsichtigt hatten, von dem wir aber annehmen, dass er auch in die Familien getragen wird, denn wenn wir zwei Wochen später noch einmal wieder in die Klassen kommen, um die fertige Maske zu übergehen, sprechen uns regelmäßig einige Kinder an, um uns zu berichten, dass jetzt auch in ihrer Familie Onkel Paul und Oma Gabi die App einsetzen. Tja, mache Überzeugung, die den Politikern nicht gelingt, gelingt den Kindern offenbar mühelos... ;-) oder aber es ist das Vertrauen, dass etwas, das in der Schule empfohlen wird, schon richtig sein muss, was die Eltern überzeugt.

Wir formulieren allerdings ausdrücklich keine Ansprüche an die Kinder diesbezüglich, denn einer echten Diskussion mit einem WarnApp-Gegner könnten sie nichts entgegensetzen. Wir bieten aber an, falls jemand im Umfeld des Kindes Fragen oder Zweifel hat, man die Coronahilfe Bocholt dazu gerne fragen könne. (Das Feedback, das wir über die Kinder aus den Familien hören, weist übrigens weniger auf Ablehnung der App als auf Zweifel an der Funktionsfähigkeit der App hin. Meist reicht es zu erklären, welche positiven Erfahrungen wir selbst als Helferinitiative mit der App gemacht haben, um diese Zweifel auszuräumen.)

Gegenseitigkeit durch Nähpatenschaften

Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe kommt aber noch tiefer in diesem Projekt zum Tragen. Die Masken der Kinder werden ehrenamtlich von Nähpaten fertiggenäht. Nähpaten können Eltern sein, die bereit sind für die Klasse die Masken fertig zu nähen, aber es sind auch sehr viele ältere Menschen dabei, die zur Risikogruppe gehören und vermehrt zum eigenen Schutz zu Hause bleiben müssen. In Bocholt sind auch sehr viele Menschen mit Fluchterfahrung dabei, die sich vormittags in der Nähwerkstatt treffen und für die Kinder die Masken fertig zu nähen. Sie freuen sich, dass sie etwas für die Kinder tun können und wir lassen dieses Engagement natürlich für die Kinder sichtbar werden, indem wir bei der Maskenübergabe den Kindern ein Foto mitbringen, dass die Menschen zeigt, die für die Kinder die Maske fertiggenäht haben. Auch dadurch wird den Kindern deutlich, dass eine Gesellschaft dadurch entsteht, dass wir uns gegenseitig helfen und Dinge füreinander tun. Besonders schön ist, dass dadurch implizit klar wird, dass auch Menschen, die Kinder als hilfsbedürftig kennengelernt haben (ältere Menschen oder Menschen mit Fluchterfahrung) und die vielleicht fremd aussehen (dunkle Hautfarbe, Kopftuch…) wichtige Beiträge zur Gesellschaft leisten.

Die Lehrkräfte greifen die Gelegenheit meist auf, und animieren die Kinder sich bei den Nähpaten zu bedanken z.B. dadurch, dass sie den Nähpaten ein Bild malen. Die Bilder werden dann von der Lehrkraft gesammelt und per Post an den Nähpaten geschickt, deren Postadresse wir hinterlassen. In einigen Klassen ist daraufhin bereits ein schöner Briefwechsel zwischen den Kindern und den Nähpaten entstanden, von dem alle profitieren. Die Kinder (und geflüchtete Menschen) lernen Briefe schreiben, aber auch für die älteren Bocholter ist es schön, trotz Corona-Isolierung auf diese Weise Kontakt zu haben.